Internationale Kulturtage Mare Balticum 2017 in Darmstadt - Zwei Berichte
Mehr als eine rein oberflächliche Zweckgemeinschaft verbindet die Stadt Darmstadt mit der Deutsch-Baltischen Gesellschaft, diese Tatsache darf man den Grußworten des Stadtrats Dr. Dierk Molter entnehmen, denn auch in diesem Jahr konnten wieder Menschen aus fünf Nationen im Reinhard-Zinkann-Haus für ein Wochenende zusammen kommen. Er betont die würdevolle Aufgabe, die einem solchem Treffen zu Grunde liegt. Das Wochenende war gefüllt mit vielen spannenden Vorträgen zum Thema "Baltischer Luxus und Barbarei", an die sich angeregte Diskussionen anschlossen. Nicht nur dort, sondern auch auf dem am Samstagabend stattfindenden Ball konnte man förmlich die Brücken sehen, die zwischen den verschiedenen Nationen, aber auch Generationen auf- und ausgebaut wurden.
Der Deutschbaltische Jugend- und Studentenring nahm auch in diesem Jahr wieder zahlreich an den Internationalen Kulturtagen teil und lauschte so den Vorträgen von den acht jungen Wissenschaftlern aus Estland, Lettland und Deutschland, die vor insgesamt rund 100 Teilnehmern referierten und sich gekonnt deren Fragen stellten. Wie bei der Begrüßung von Herrn Molter und Herrn von Lüpke beschrieben, konnte man an diesem Wochenende wieder gelebtes Europa erleben. Es wurden neues Vertrauen auf- und Mauern abgebaut. Jeder trat anschließend bereichert die Heimreise an. An diesem Wochenende teilgenommen zu haben, ist für mich baltischer Luxus.
Maximilian Wende
Jugendreferent der DBGes
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Posen, Esslingen, Mucenieki – Parallelen
Liepājas Partnerstadt Darmstadt ist nicht nur eine bedeutende Wissenschafts- und Kulturstadt der BRD, sondern sie ist auch in der Nachkriegszeit zum Hauptquartier, besser gesagt zum zentralen Sitz der Deutsch-Baltischen Vereinigungen und seit 1962 zu ihrer Patenstadt geworden.
Die Deutschbalten grenzen sich aber nicht ab, grade umgekehrt, denn heutzutage stehen Kontakte zu den baltischen Staaten, kulturelle, wissenschaftliche und familiengeschichtliche Begegnungen im Vordergrund. Schon zur Tradition geworden sind Begegnungen der Deutsch-Baltischen Gesellschaft (DBGes), zu denen z. B. die ,,Mare-Balticum-Tage” zählen, die auf ihrem Forum im November sowohl Vertreter der deutschbaltischen Organisationen aus allen Bundesländern u. a., als auch die Vorsitzenden der assoziierten Mitgliedsorganisationen aus dem Baltikum (Lettland und Estland), und Ehrengäste zusammenrufen, um gemeinsam ūber die historischen Zusammenhänge nachzudenken, aktuelle Informationen auszutauschen und gemeinsam die Zukunft aufzubauen.
In diesem November kamen ins Darmstädter Haus der Balten mehr als 100 Personen verschiedenen Alters, um an dieser wichtigen dreitägigen internationalen Begegnung teilzunehmen. Auch ich hatte die Ehre, unseren Kulturverein, das Deutsch-Lettische Begegnungszentrum Liepāja (seit 2008 assoziiertes Mitglied der DBGes), zu vertreten. Das diesjährige Thema des Treffens, ,,Baltische Mythen, Legenden und Ikonen”, schien recht ungewõhnlich zu klingen, hat aber großes Interesse der Anwesenden erweckt.
Diesmal möchte ich aber etwas anderes hervorheben, nämlich die prāchtige Fotoaustellung im Foyer des Hauses der Balten anlässlich des 70. Jubiläums des Lettischen Sängerfestes in Esslingen im Juni 2017, die jeder in den Pausen zwischen den Referaten und Diskussionen und vor und danach besichtigen konnte. Es ist eigentlich so, dass die meisten Leute in Lettland, auch ich, über die Rolle dieser deutschen Stadt für das Schicksal vieler Letten in der Nachkriegszeit bis zu diesem Jubiläumsjahr kaum etwas gehört haben. Anhand der ausgestellten zahlreichen Fotos und mancher Dokumente aus der Zeit zwischen 1945-1950 konnte man sich eine gewisse Vorstellung vom wirtschaftlichen und kulturellen Leben der Flūchtlinge aus Lettland in Esslingen, dem größten lettischen Flūchtlingslager, in der Nähe von Stuttgart gelegen, bekommen. Es ist zu bewundern, wie in der damaligen Situation der Alltag und auch Feste dieser vom Krieg betroffenen Menschen (cirka 7000) organisiert wurden. Insgesamt haben in Deutschland damals 200.000 lettische Flūchtlinge Unterkunft und eine zweite Heimat gefunden. Beim Studium dieser Zeitzeugnisse begann ich unwillkürlich manche Parallelen zur Situation bei der Umsiedlung der Deutschbalten nach Posen im Jahre 1939 zu ziehen und musste über die heutige Situation in Europa bei der wachsenden Flūchtlingswelle und gewisse Probleme auch bei uns, die man gemeinsam zu lösen hat, nachdenken. Damit sie aber erfolgreich gelöst werden, sollte man die gute alte Erfahrung auch nicht vergessen.
Taisija Hristolubova
Stellv. Vorsitzende des Deutsch-Lettischen Begegnungszentrums Liepāja